Bild: digitale Transformation

Erfolgsfaktoren für eine digitale Transformation

Ein Interview zum Thema

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
Warum ist eine digitale Transformation heutzutage so wichtig?

Die digitale Transformation hat in den letzten Jahren eine immer größere Bedeutung über alle Branchen hinweg erlangt. Durch digitale Technologien sollen Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe automatisiert und optimiert werden. Eine erfolgreiche digitale Transformation kann nicht nur Kosten einsparen, sondern auch die Effizienz steigern, neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen und die Kundenzufriedenheit verbessern.

Doch warum ist eine digitale Transformation so wichtig und wie geht man am besten dabei vor?

Darüber haben wir uns mit Prof. Dr. Überall unterhalten. Er ist Professor an der Technischen Hochschule Mittelhessen für das Fachgebiet Industrie 4.0 und Digitalisierung. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind digitale Transformationen, neue Geschäftsmodelle und -prozesse, Data Analytics sowie nachhaltige Nutzerakzeptanz und Softwareentwicklung.

Bild: Technology

Herr Prof. Überall, warum ist aus Ihrer Sicht eine digitale Transformation in den aktuellen Zeiten erforderlich? Warum sollten aktuell erfolgreiche Unternehmen digitalen Trends folgen?

Prof. Dr. Überall: Das Ziel einer digitalen Transformation ist es wettbewerbsfähig auf dem Markt agieren zu können. Gerade Niedriglohnländer können im Vergleich zu Deutschland durch eine hohe Masse an Mitarbeiter:innen viel Druck ausüben. Durch das hohe Lohnniveau in Deutschland müssen nicht wertschöpfende Tätigkeiten minimiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Neue, digitale Technologien können dabei helfen, die nicht wertschöpfenden Tätigkeiten zu reduzieren.

Viele Kund:innen übertragen ihre hohen Erwartungen aus dem privaten Umfeld auch in den B2B Bereich. So löst beispielsweise die Möglichkeit einer Onlinebestellung keine Begeisterung mehr aus, sondern wird als Grundanforderung gesehen. Der Markt muss sich weiterentwickeln, um diese Erwartungen erfüllen zu können und die Kund:innen durch immer neue Produkte begeistern zu können.

Durch die Weiterentwicklung von Produkten und Dienstleistungen kann eine langfristige Kundenbindung erzielt werden. Betrachten wir beispielsweise ein Thermostat. Früher musste man dieses nur einmalig kaufen und es gab keine Upselling oder Cross-Selling Produkte. Heute gibt es einen zusätzlichen Access Point, eine passende App mit zugehörigem Kund:innen Login sowie zusätzliche Rauchmelder, Fenstersensoren und Fensteröffner, welche auf der gleichen Technologie basieren und daher über die App Synergien schafft.

Deutschland ist als Maschinenbauland groß geworden. Aktuell fehlt oft das Bewusstsein für die geänderten Marktbedingungen und die Folgen für die einst erfolgreichen Produkte. Mit dem Wandel der Zeit werden Dienstleistungen immer wichtiger und die Digitalisierung kann dabei helfen, diese Dienstleistungen gezielt einzusetzen. Es ist viel Innovationskraft vorhanden. Diese muss jedoch richtig eingesetzt werden, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben.

Bild: digitale Transformation, runder Ball mit Zahlen

Welche neuen Ansätze, Geschäftsmodelle und Konzepte haben sich bei Ihren Transformationsprojekten bisher bewährt?

Prof. Dr. Überall: Zu Beginn einer digitalen Transformation ist es von großer Bedeutung, eine klare Vision zu erstellen und ein Ziel zu haben, auf das man sich iterativ zubewegt. Es sollten nicht nur akute Probleme gelöst werden, sondern vielmehr strategisch an einer Vision gearbeitet werden. Dabei kommt es nicht darauf an, wie ausführlich eine Vision formuliert ist. Ein Satz kann schon ausreichen! Viel wichtiger ist, dass diese Vision im Geschäftsalltag präsent bleibt und die Unternehmensabläufe auf diese Vision ausgerichtet werden. Des Weiteren ist eine agile Umsetzung wichtig. So werden alle beteiligten Personen in die Transformation mit einbezogen und mitgenommen. Viele Unternehmen machen den Fehler, sich nur kurz mit einer Transformation auseinanderzusetzen und diese aufgrund von Überforderung rasch wieder einzustellen.

Bild: Computer Code

Wenn Sie an Ihre letzten digitalen Transformationen denken, was waren hier die größten Herausforderungen und Erfolgsfaktoren?

Prof. Dr. Überall: Die Herausforderungen beginnen oft schon mit der Systemauswahl. Es werden Systeme eingesetzt, die nicht die Bedürfnisse des Unternehmens erfüllen. So sollte man im Vorhinein genau analysieren, wofür das System benötigt wird und ob das System diese Anforderungen auch wirklich erfüllen kann. Denn bei nicht passenden Systemen besteht die Gefahr, dass eine Transformation scheitert.

Bei der Systemauswahl und insbesondere bei einer Systemvorstellung sollte man Mitarbeiter:innen mit technischem Know-How sowie End User miteinbeziehen. Diese kennen die Anforderungen auf der Arbeitsebene und können daher das System am besten hinterfragen.

Die Wahl der Implementierungsstrategie kann zu weiteren Schwierigkeiten führen. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten für die Implementierung: Top-Down oder Bottom-Up. In Deutschland wird meist eine Top-Down Implementierung durchgeführt. Hierbei gibt es eine Implementierungsstrategie, die von der Managementebene gesteuert wird, jedoch den Shopfloor nicht mit einbezieht. Bei einer Bottom-Up Implementierung wird nach den Anforderungen des Shopfloors vorgegangen, ohne die Unternehmensstrategie miteinzubeziehen.

Eine mögliche Implementierungsidee wäre eine „Top-Up“ Implementierung. So muss von der oberen Ebene eine Vision vorgegeben werden und im weiteren Verlauf das Gespräch mit den verschiedenen Abteilungen und Mitarbeiter:innen gesucht werden. Dadurch wird sichergestellt, dass auf die verschiedenen Anforderungen eingegangen wird und ein machbarer Umsetzungsplan erstellt wird.

Eine weitere Herausforderung ist die Überzeugung der Mitarbeitenden. Viele Mitarbeiter:innen lehnen Veränderungen und daher auch Transformationen grundsätzlich ab und versuchen dagegen zu arbeiten. Hier ist das passende Change Management wichtig. Man muss Unterstützer und auch Gegner der Transformation mit einbeziehen und diese iterativ nach dem Nutzen der durchgeführten Schritte befragen. Dadurch fühlen sich alle verstanden und abgeholt. Sie erkennen die Vorteile der Transformation.

Bei diesem Vorgehen kann die Vision, die anfangs erstellt wurde, nach den Forderungen und Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen umgesetzt werden.

Für eine digitale Transformation muss man viel Zeit einplanen, um genau zu definieren, was das Unternehmen wirklich braucht, wie die Prozesse aussehen und welches System am besten geeignet ist.

Bild: digitaler Kopf

Was sind Probleme bei digitalen Transformationen, die Sie aktuell beobachten?

Prof. Dr. Überall: Gerade in Industrieunternehmen besteht oft ein heterogener Maschinenpark mit teils sehr alten Maschinen. Die Herausforderung besteht darin, zu ermitteln, welche Daten die Maschinen liefern und wie diese an übergeordnete Systeme übertragen werden können. Ältere Maschinen ohne geeignete Schnittstellen können z. B. durch ein Retrofitting Daten zur Verfügung stellen und somit den neuen Anforderungen an eine digitale Fabrik gerecht werden.

Bild: digitale Hände, die Zusammenarbeit symbolisieren

Haben Sie noch abschließende Worte für uns?

Prof. Dr. Überall: Viele Unternehmen wollen den Schritt der digitalen Transformation nicht gehen, da sie nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Sie wollen erst einmal abwarten, was der Wettbewerb mit einer digitalen Transformation erreicht. Außerdem ist vielen Unternehmen nicht klar, wie schnell sich eine digitale Transformation amortisiert und sie scheuen sich davor, die benötigten Ressourcen freizugeben. Auch wenn digitale Transformationen zunächst mit viel Aufwand verbunden zu sein scheinen, liefern sie doch bei einer durchdachten Planung und einer guten Umsetzung einen enormen Mehrwert.

Referent  Dr. Christian Überall

Über Prof. Dr. Christian Überall:

Prof. Dr. Christian Überall hat seit 2018 den Lehrstuhl für das Fachgebiet Industrie 4.0 und Digitalisierung an der Technischen Hochschule Mittelhessen inne. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit den Themen digitale Transformationen, neue Geschäftsmodelle und -prozesse, Data Analytics sowie nachhaltige Nutzerakzeptanz und Softwareentwicklung. Neben seiner Professur engagiert er sich im wirtschaftlichen Bereich, indem er Unternehmen in seinen Schwerpunktgebieten berät und unterstützt.

Wir freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit im Rahmen unserer neuen Partnerschaft zwischen LEITWERK Consulting und Prof. Dr. Überall.

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